XXL-Bericht über XXL-Tour

Donnerstag 29.08. Um Land zu gewinnen geht es am frühen Donnerstagmorgen ab Schengen erst mal über deutsche Autobahnen. Rechtzeitig zum Mittagessen haben wir aber die langweiligen Atobahnkilometer, trotz Stau, hinter uns gebracht und speisen vorzüglich im schattigen Innenhof der Brauerei Post in Nesselwang, eine altbekannte Adresse, und hiervon kann uns auch eine örtliche Umleitung, quasi am Ortseingang, nicht abhalten. Nur wenige Kilometer weiter überqueren wir am frühen Nachmittag bereits die österreichische Grenze und sind somit bereits in den Tiroler Alpen und kurven über Fernpass(chen) weiter Richtung Ötztal. Am Ende des bekannten Tales schrauben wir uns das 2474m hohe, mautpflichtige Timmelsjoch hoch. Der Passo del Rombo, Österreichs höchstgelegenster Straßengrenzübergang ist der Grenzpass zwischen Österreich (Tirol) und Italien (Südtirol) und verbindet das Ötztal (Sölden) mit dem Passeiertal. Mit seinen knapp 50 Kilometern und 44 Kehren ist das Timmelsjoch sicher ein Höhepunkt jeder Motorradtour in den Alpen. Es trennt die Ötztaler Alpen von den Stubaier Alpen und auf ihm verläuft auch die europäische Wasserscheide. Geöffnet ist dieser interessante Pass nur von Mitte Juni bis Mitte Oktober zwischen 7 und 20 Uhr. Nach dem traditionellen Foto Stop zwischen Gipfeltunnel und Südrampe, direkt am “Tiroler Schinken- und Wurst-Stand”, wedeln wir zusammen mit der “Heinkel-Tourist”-Motor -roller-Gruppe runter nach St. Leonhard.
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Der “Heinkel Tourist” ist ein Motorroller mit luftgekühltem Einzylinder-Viertaktmotor mit einem Hubraum von 149 cm³ (7,2 PS) bis 174 cm³ (9,5 PS), den die Ernst Heinkel Flugzeugwerke von 1953 bis 65 herstellten. (V-max: 95 km/h - Verbrauch: weniger als 3 Liter auf 100km.) Als nächstes steht der Jaufenpass (Passo di Monte Giovo) auf dem Programm. Die knapp 40 km lange und sehr kurvenreiche Strecke verbindet auf einer Höhe von 2094m das Passeiertal mit dem Wipptal bei Sterzing (Südtirol).
Wir erreichen Brixen (Bressanone), eine der ältesten Städte Tirols, Hauptort des Eisacktales und drittgrößte Stadt Südtirols, unser Tagesziel nach über 700 km, erst kurz nach 18:00 Uhr und freuen uns auf eine erfrischende Dusche. Bei einigen Bierchen, Apfelschorlen und einem Hugo (erfrischender, vergleichsweise schwach alkoholischer Cocktail aus Prosecco, Holunderblüten-Sirup, frischer Minze und Mineral- oder Sodawasser; oft sind auch Limettenstücke oder -saft enthalten) genießen wir von der Terrasse des Parkhotels Temlhof aus, nach dieser ersten und langen Etappe, den tollen Blick auf die Altstadt von Brixen im Abendlich!
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Freitag 30.08. Am nächsten Morgen gilt es erst mal einen Ausweg aus dem Einbahnen-StraßenLabyrinth zu finden und den verwirrenden Streckenänderungsvorschlägen von Frau Garmin zu entkommen. Auch wenn man uns an diesem Morgen in einigen verwinkelten Gassen oder unübersichtlichen Baustellen mehrmals und aus unterschiedlichen Richtungen vorbeikommen sieht, nach geschätzten 15 Minuten hatten wir dann doch die Einfahrt zur Würzjochstraße gefunden. Die schöne, verkehrsarme Straße über das 2003m hohe Würzjoch (Passo delle Erbe) ist an einigen Stellen sehr eng, aber gut ausgebaut. Das Verkehrsaufkommen ist, im Vergleich zu anderen Alpenpässen recht niedrig und so gelangen wir schon am frühen Morgen vom Eisacktal ins Gadertal und sind somit schon mitten in den Dolomiten. Über die verkehrsreiche SS244, über Abtei nach Stern und dann links ab über den Passo di Falzàrego (2105m) geht es durch eine grandiose, atemberaubende Bergkulisse runter nach Cortina d’Ampezzo. Nach einer späten Kaffeepause fahren wir über den schwach frequentierten und nur 1489m hohen Passo San Antonio (SS532), der nicht in allen Straßenkarten zu finden ist, aber einige enge, schnell aufeinanderfolgende Haarnadelkurven aufweisen kann. Über Dante di Cadore und Campitello preschen wir den Val Degano runter bis Tolmezzo und über Chiusaforte weiter Richtung Julische Alpen. Die Dolomiten haben wir jetzt bereits hinter uns gelassen und kurven, dank Giro d’Italia, über einen gut ausgebauten und frisch geteerten Asphaltteppich den Neveasattel (1195m) hoch .... und auch gleich wieder runter bis zum Raibler See (Lago del Predil). Kein Riss, kein Loch, kein Kies, kein Flickwerk, das macht Spaß. Am Ende des Sees, rechts ab, den 1156m hohen Predilpass hoch, Richtung Slowenien. Wenige Augenblicken später und ohne Grenzkontrolle sind wir in Slowenien. In unmittelbarer Nähe der Passstraße liegen drei ehemalige österreichische Festungswerke. Etwa einen km weiter zweigt die waghalsige Mangartstraße ab, Sloweniens höchste Straße. Die mautpflichtige Mangartstraße in den Julischen Alpen führt vom Predilpass hinauf auf die Lahnscharte. Das ehemalige Militärsträßchen führt auf eine Höhe von 2055m und ist damit die höchstgelegendste Straße Sloweniens. Der Verlauf der 12 km langen, asphaltierten Straße führt über 17 Kehren und durch 5 Tunnel. Das Ende der Mangartstraße ist als Schleife mit einigen Parkplätzen ausgeführt, von wo man einen herrlichen Blick auf blaue Seen und hohe Berge hat. Um uns herum sind die höchsten Berge Sloweniens, genau vor uns, direkt an der slowenischitalienischen Grenze, der Mangart-Gipfel (2677m), etwas weiter östlich, der Triglav (2.864m) und 1100m tiefer, die Weißenfelser Seen (Laghi di Fusine 950m). Aus der Vogelperspektive, von der Mangartstraße aus, sehen die sehr idyllisch gelegene Weißenfelser Seen am Ostr and der italienischen Gemeinde Tarvisio, bildschön aus. Bis 1919 gehörten sie noch zu Kärnten, nach dem Zerfall Österreich-Ungarns fielen sie nach einigem Hickhack zwischen Österreich und Jugoslawien um die Grenzziehung an den lachenden Dritten: Italien.
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Nach einer ausgiebigen Pause nebst Foto Stop zieht die Karawane weiter, entlang des Flusses Koritnica, bis runter nach Bovec. Kurz vor der Ortschaft liegt, direkt an der Straße, die Festung Kluze (Flitscher Klause) und auf einem Felsen gegenüber das Fort Hermann. In der Geschichte Österreich-Ungarns spielte die Flitscher Klause im Zusammenhang mit den Isonzoschlachten des Ersten Weltkriegs (1917) eine bedeutende Rolle. Nicht nur italienische Angreifer versuchten an dieser Front jahrelang erfolglos nach Österreich vorzudringen. Die gewaltige Festung über der Koritnica- Schlucht ist eine der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten im Soca-Tal und ein bedeutendes Denkmal der Abwehr der türkischen Einfälle, der Armee Napoleons und eben der Angriffe im 1. Weltkrieg. In Bovec fahren wir links ab, Richtung Trenta in den Triglav Nationalpark (83.807 ha). Immer entlang der wilden Soca, dem bekanntesten und beliebtesten Wildwasserfluss in den Alpen. Die 136 km lange Soca fließt von ihrer Quelle nahe dem Vršic-Pass im Trenta-Tal (Triglav Nationalpark), nach Friaul und mündet dort in die Adria. Die Soca ist eine herausfordernde Wildwasserstrecke für Paddler und andere Wassersportler. Angler schätzen das reiche Vorkommen der Marmorataforelle, Wanderer können den Fluss an mehreren Stellen über schwingungsfreudige holzbeplankte Hängebrücken überqueren. Kristallklares, türkisfarbenes Wasser, schneeweiße Felsen, üppiges Grün in vielen Farbnuancen, sehenswerte Klammen und ein wunderschönes Gebirgspanorama, ein kleines Paradies für Paddler, Angler, Wanderer … und natürlich auch für Motorradfahrer! Der Triglav ist mit 2.864 m der höchste Gipfel Sloweniens und der Julischen Alpen und liegt im Zentrum des nach ihm benannten Nationalparks, dem einzigen Nationalpark Sloweniens. Er ist eines der slowenischen Nationalsymbole und zentraler Teil des nationalen Wappens, das sich auch auf der Fahne des Landes wiederfindet, sowie auf der nationalen Seite der 50-Centmünze. Es ist bereits später Nachmittag, als wir die letzte Herausforderung des Tages in Angriff nehmen, den Vršic-Pass (Werschitz- oder Werschetzpass) (1611m), die kürzeste Verbindung zwischen Trenta im Soca-Tal und Kranjska Gora, unserem Tagesziel. Die Passstraße wurde zwischen 1914 und 1916 als Militärstraße ins Isonzo-Tal von russischen Kriegsgefangenen gebaut. Über 400 von ihnen kamen allein bei einem Lawinenabgang im März 1916 um. Auf der Nordseite erinnert die „Russenkapelle“ an die Opfer. Über diese Straße erfolgte damals ein Großteil des Nachschubs für die Militärs. Der Verlauf folgt heute nur noch teilweise der ursprünglich angelegten Straße; die Südseite ist größtenteils neu angelegt. Die 50 Haarnadelkurven bestehen im nördlichen Teil der Passstraße größtenteils aus Kopfsteinpflaster. Hier versteckt sich um diese Zeit die Sonne bereits hinter den hohen steilen Felswänden und die Schatten werden immer länger. Wir erreichen Kranjska Gora (Kronau), im äußersten Nordwesten Sloweniens, zwischen den westlichen Ausläufern der Karawanken im Norden und den zentralen Julischen Alpen im Süden und genehmigen uns erst mal einen großen, kühlen Drink. Das familiengeführte 3-Sterne-Hotel Miklic ist ein echter Glücksgriff. Herzliche Gastfreundschaft, freundliches und zuvorkommendes Personal, moderne Inneneinrichtung, alle geräumigen Zimmer haben herrliche Aussicht auf die umliegenden Berge und ein Restaurant, das sogar bis über die Landesgrenzen hinaus für seine exquisite Küche berühmt ist. Biker, was will man mehr?
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Samstag 31.08. Am Samstagmorgen fahren wir erst mal bis Slovenski Javornik ein Stückchen über die 211, um dann quasi von Hinten, gegen den Uhrzeigersinn um den Bleder See (Blejsko jezero) herum zu fahren. Der ca. 2,1 km lange und bis zu 1,4 km breite See hat eine Gesamtfläche von 1,45 km² und eine maximale Tiefe von 30 m. In der Mitte des Sees befindet sich eine kleine Insel mit einer bekannten Marienkirche. Auf einem steil aufragenden Felsen thront die Burg von Bled, hoch über dem See. Über enge, verkehrsarme Straßen fahren wir über den Petrovo Pass und gelangen ins Baca-Tal. Nach einer Kaffeepause in Koritnica fahren wir ab hier auf Nebenstrecken über Bukovo, Cerkno und Stopnik nach Tolmin. Dann folgen wir, auf gut ausgebauter Strasse, wieder dem Lauf der Soca, aber diesmal in südlicher Richtung. Über Kanal erreichen wir die Universitäts Stadt Nova Gorica, (Neu-Görz), unmittelbar an der italienischen Grenze. Es sind nur mehr 35 km bis Triest. Infolge der Grenzziehung zwischen Italien und Jugoslawien, anlässlich der Pariser Friedenskonferenz von 1947, wurde die Stadt Görz geteilt. Der Großteil der Stadt verblieb bei Italien. Die Staatsgrenze verläuft über den Bahnhofsvorplatz. 1948 wurde der Grundstein für Nova Gorica auf der (damals noch) jugoslawischen Seite der Grenze gelegt. Seitdem Schengener-Abkommen, dem Slowenien beigetreten ist, kann die Grenze zwischen Slowenien und Italien wieder an jeder beliebigen Stelle überschritten werden; Grenzkontrollen wurden eingestellt und die 1945 entstandene Teilung von Görz überwunden. Weiter geht's über Ajdovscinja und etliche enge 180° Kurven nach Col und genauso weiter nach Godovic. Ab hier geht's dann zügig über die schön ausgebaute und herrlich geschwungene 102 Richtung Süden. Die Gashand zuckt, der Puls steigt und wir müssen uns wirklich bezähmen auf dieser einladenden 1A-Bikerstrecke halbwegs “normal” weiter zu “cruisen”. Kurz vor Postojna biegen wir links ab und fahren über Cerknica, Bloska Polica, Studenec, Loski Potrok und Draga, auf immer schmaleren und schlechteren Straßen Richtung Kroatien. Die slowenische Zöllnerin am Grenzposten ist sichtlich erschrocken als sie die 6 fremden Bikes erblickt. Bis dahin verlief ihr Nachmittag sicherlich wie gewohnt gemütlich und monoton, aber dann, plötzlich aus dem Nichts, diese Wilden vor ihrer Schranke. Alle Papiere wollten genau überprüft werden, Kontrolle muss sein, außerdem hatte sie nicht wirklich viel zu tun. (“L”, wo die wohl herkommen?!?). Die Schranke geht auf und einer nach dem andern darf durch. Keine 200 Meter weiter, das gleiche Szenario, die kroatische Zöllnerin steht ihrer slowenischen Kollegin in nichts nach ... gleiches Programm, oder Déjà -vu. Dieser Grenzübergang ist fest in Frauenhänden .... und wir sind in Kroatien! 
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Vom Grenzort Cabar führt die Strecke eine steile kurvenreiche Rampe hoch nach Parg, wo wir uns links halten und so in das Bergland Gorski Kotar (ein Ski- und Erholungsgebiet) gelangen. Die Hochebene (900m) mit Berggipfel über 1500m und üppigem Waldbewuchs, (Tannen und Buchen, die auf der dünnen Humusschicht auf den Kalkund Dolomitfelsen gedeihen ‚grüner Karst‘ genannt) hat eine geschlossene begrünte Landschaft und eine jährliche Durchschnittstemperatur von knapp über 7°C. Während den langen Wintermonaten bleibt die Schneedecke im Schnitt über 100 Tage liegen, die Sommer dagegen sind kurz, frisch und relativ angenehm. Die toll angelegte, kurvenreiche Strecke über Mali Lug, Gerovo, Malo Selo und Crni Lug ähnelt einer Achterbahn. Eigentlich eine Wahnsinns-Motorradstrecke, wären da nicht die unzähligen Sand- und Kies Rückstände in annähernd jeder zweiten Kurve. Bereits bei bescheidener Schräglage schmieren die Reifen leicht weg und wir drosseln die Reisegeschwindigkeit bevor es uns hinschmeisst. Ganz in der Nähe liegt die Rennstrecke von Rieka (Automotodrom Grobnik), 1977 eigens für die Erhaltung des GP von Jugoslawien der Motorrad-WM errichtet. Zwischen 78 und 90, fand hier im Rahmen der Motorrad-Weltmeisterschaft, 13 x der Große Preis von Jugoslawien statt. Das Automotodrom erfüllt die Vorschriften von FIA und FIM und hat eine Streckenlänge von rund 4km mit insgesamt 15 Kurven. 1991 kam wegen des ausbrechenden Jugoslawienkrieges das Aus für den Grand Prix von Jugoslawien. Derzeit ist das Motodrom über 300 Tage im Jahr gebucht, viele namhafte Automobil- und Motorradhersteller nutzen die Rennstrecke als Teststrecke. Wir sind eh schon spät dran und lassen die Rennstrecke einfach rechts liegen und fahren weiter runter nach Delnice.    .../...
Alain BURG
 
Unsere XXL-Tour durch Slowenien und Kroatien hat gerade erst begonnen, wie es weiter geht und wieso diese Tour allen Teilnehmern immer in schlechter Erinnerung bleiben wird, ...... lesen Sie weiter....
 
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