oder: Venedig, immer eine Reise wert!
Venedig war das Ziel der diesjährigen Venedig-Gardasee-Tour. An sich müsste der Titel des Artikels aber richtig heißen: alle Pässe führen nach Venedig, denn Alain und Jacques hatten dafür gesorgt, dass keiner unter Kurvenmangel litt. Ein Teil der Gruppe (Jacques, Jos, Fons und Jean-Paul) waren bereits ab Samstag unterwegs, ein weiterer Teil (Alain, Liette, Guy, Jean-Paul und Maggy) fuhren erst am Sonntag Richtung Lana/Meran wo wir auch noch Win, den letzten der Gruppe, treffen sollten. Dabei hatte die Samstagsgruppe mehr Glück: bereits ab Strassburg regnete es nicht mehr, die Sonntagsgruppe fuhr fast bis nach Italien im Regen. Die Samstagsgruppe konnte bereits am ersten Tag unter strahlendem Sonnenschein im Freien zu Mittag essen. Danach ging es weiter entlang des Bodensees. Bei der Klosterkirche in Birnau, dem Barockjuwel des Bodensees, machten wir eine kurze Verschnaufpause, genossen einen herrlichen Weitblick entlang des Sees mit seinen unzähligen Booten und den Schweizer Alpen als Kulisse im Hintergrund. Dann ging die Fahrt bei herrlichem Wetter weiter zum Vorarlberg in Österreich, und zwar zum Gasthof Sonnenkopf in Faschina. Der Biker Gasthof ist soweit empfehlenswert und preisgünstig.
Schlechte Überraschung am Sonntag beim Aufstehen: die Berge lagen komplett im Nebel, vereinzelte Regentropfen fielen vom grauen Himmel. So fuhren Jacques, Jos, Fons und ich in Regenkleidung weiter Richtung Silvretta Hochalpenstrasse. Erneut hatte die Gruppe Glück: nach einer Stunde Fahrt konnten wir die Regenkleidung ablegen. Nach Bezahlung der Maut ging es dann die 30 Kehren der Silvretta Hochalpenstrasse hoch zur Bielerhöhe und zum Silvretta-Stausee (2026m). Fons genoss den schnellen Aufstieg mit seiner GS sichtlich. Sicherlich ist die Strecke mit den herrlichen Aussichten und dem großen Spaß Faktorfast ein Muss für jeden Tourenfahrer. Auch wenn es beim Abstieg nur 2 Kehren zu meistern gab, begeisterte die Hochalpenstrasse die Gruppe. Weiter ging es, von Pfunds über den Finstermünz-Pass (1188m) nach Nauders und nach dem verdienten Mittagessen die 27 km über den viel befahrenen Reschenpass (1504m) über die Grenze von Österreich nach Italien. Am Reschenpass bewunderten alle den Kirchturm, welcher mitten im aufgestauten Reschen-See steht. Er ist ein Überbleibsel der Ortschaft Graun die beim Aufstauen im Wasser verschwand. Immer wieder dient der Kirchturm als Fotomotiv. Kurz hinter der Grenze trafen wir dann die „Sonntagsgruppe“ mit Alain, Liette und Guy. Zusammen gings weiter nach Lana (Meran) ins Sporthotel Pöder wo wir Jean-Paul, Maggy und Win antrafen und somit war die Venedig-Gruppe endlich komplett!
Montags ab 9 Uhr gings dann auf „Pass-Tour“: Ich wollte an sich die Kehren zählen, habe aber während der Fahrt damit aufgehört. Erst ging es 42 km über den Gampen-Pass (1518m) Richtung Mendelpass. Der Gampen-Pass ist halbwegs kurvenreich, mit Tunnels die manchmal Kopfsteinpflaster als Belag haben. Der anscheinend tolle Blick ins Tal blieb uns durch Nebel verwehrt. Auch bei der Weiterfahrt über den Mendelpass (1363m) konnten wir die von Alain geschilderten fantastischen Ausblicke auf Bozen wegen Nebels nicht genießen. Bei der Abstiegsfahrt dann die böse Überraschung: ein englischer Reisebus hatte das Busfahrverbot nicht beachtet und versperrte in einer Kehre die Straße derart, dass auch wir nicht weiterkonnten. Die lokale Feuerwehr versuchte mit Hebekissen den Bus zu bergen .... Nach einiger Zeit beschlossen wir umzukehren und fuhren alsdann beide Pässe zurück. Anschließend dann weiter über Nals, Terlan, Mölten nach Jenesien in Richtung Bozen. Hier erwarteten uns 2 weitere Leckerbissen: Die alte Jenesier Straße, an einigen Stellen knappe 2 m breit, eine der steilsten Straßen der Alpen, sicher des zweitsteilsten Tirols. Die ganze Gruppe fuhr also über diese minimal instandgehaltene, kaum genutzte und 6,3 km lange Dorfstraße mit einer Dauersteigung von 22% und Steigungsmaxima von 30% die Kehren hoch. Da es kaum Wendepunkte gibt ... fuhren eben alle bis nach oben und wieder nach unten. Dann weiter .... zur benachbarten Rafensteiner Bergstraße mit „nur 33%“ Dauersteigung. Nach dem Genuss auch dieser Straße gings gemütlich weiter in bester Stimmung und bei strahlendem Wetter zum wohlverdienten Mittagessen, einer kleinen Pasta. Nachmittags folgte dann noch das Penserjoch (2214m) und um sich die ganzen Kehren abzugewöhnen noch weitere 19 von der kehren reichen Verbindung zwischen Sterzing und Meran, dem Jaufenpass (2099m). Oben auf dem Pass genossen wir das tolle Panorama und weiter gings über St Leonhard und Meran zurück nach Lana. Nach ausgiebiger Entspannung im Schwimmbad sowie der Sauna des Hotels und einem guten Abendmahl klang der Abend gemütlich aus, mit allen tollen Erinnerungen an den verblichenen Tag.
Dienstags ab 9 Uhr fuhren wir dann weiter durch die Dolomiten nach Mestre/Venedig. Wie immer war die Strecke gut ausgesucht: über den wenig befahrenen Nigersattel (1688m) mit teilweise tollem Panorama ging es weiter über den weniger kurvenreichen Karer-Pass (1745m). Dann folgte der San Pellegrino-Pass (1918m) mit einigen recht engen und steilen Kehren und der Passo di Valles (2031m), wenig befahren aber sehr kurvenreich. Es folgten der Rolle-Pass (1972m) mit seinen 41 Kehren und einigen längeren Tunnels, dann der Passo die Cereda (1369m) und die Forcola Aurine. Langweilig wars an diesem Vormittag also auch nicht. Dann war Mittagspause und alle genossen die Erholungspause. Da der Himmel immer grauer wurde, war das Wetter unser Hauptthema. Nach der Mittagspause gings dann weiter - und schon kam ein derart heftiges Gewitter mit Graupel, dass wir alle „leicht“ feucht waren. Als Belohnung gab es den Passo di San Boldo. Der gesamte Pass ist recht schmal und wenig frequentiert. Besonderheit ist, dass sich im oberen Bereich jede Kehre in einem Tunnel befindet - und es gibt etliche davon. Durch Ampelanlagen wird dafür gesorgt, dass der Gegenverkehr im Tunnelbereich nicht plötzlich vor einem steht! Tolle Abfahrt auf jeden Fall. Fast wären wir ohne Problem im Hotel Elite in Mestre angekommen. Es waren nur noch 5,6 km zu fahren, als das Kupplungskabel an Wins Motorrad abriss. So standen wir nun auf einem Nebenweg: Aber nicht verzweifeln, Guy fragen: „natürlich“ hatte er ein Kabel dabei welches als Kupplungskabel dienen konnte und „souverän“ war die Reparatur in wenigen Minuten abgeschlossen. Ich war davon hell begeistert. Alle waren froh die Fahrt also schnell fortsetzen zu können und so waren wir 15 Minuten später im Hotel, die Motorräder in der improvisierten „Garage“.
Mittwochs war dann die Besichtigung der Lagunenstadt Venedig angesagt und somit motorradfreier Tag. Mit dem Bus und Wassertaxi ging es über den Canale Grande zur berühmten Piazza San Marco wo um 9 Uhr eine Führung durch Venedig mit Reiseleitung organisiert war.
Interessant sicher an dieser Stadt ist ja, dass sämtliche Gebäude auf Holzpfählen erbaut sind, die in verschiedene Schichten von Ton und Sand eingerammt sind. Die Technik besteht im Wesentlichen heute noch.
Wir streiften stundenlang durch kleine, romantische Gassen, an den Kanälen entlang in den Stadtteilen San Polo und San Marco mit interessanten Erklärungen unserer Reiseleiterin.
Diese führte uns zu vielen der Sehenswürdigkeiten: dem Dogenpalast, der Markuskirche, natürlich der Rialtobrücke (wo natürlich ein Gruppenbild gemacht werden musste) und vieles mehr.
Mittags pausierten wir an einem versteckten Platz im Garten einer Pizzeria und bummelten nachmittags weiter durch diese interessante Stadt der Brücken und +- 280 000 Einwohnern.
Um 17 Uhr fuhren wir dann per Wassertaxi und Bus zurück ins Hotel. Ein interessanter und erlebnisreicher Tag! Das Hotel hatte uns auch ein besseres Restaurant für den Abend reserviert und so waren alle Gemüter wieder beruhigt.
Donnerstags stand dann ein weiterer Höhepunkt auf dem Programm: nach einer kurzen Fahrt waren wir gegen 12 Uhr im Ristorante Perbellini, ein 2-Sterne-Michelin Restaurant in Isola Rizza. Der Inhaber ist ein Freund von Jacques und wir wurden wirklich fürstlich mit einem Schlemmermenü verwöhnt. Ausnahmsweise mit einem Glas Wein. Uns allen bleibt dieses Mittagessen in bester Erinnerung: Nochmals danke Jacques für den Vorschlag: schade, dass das Restaurant so weit entfernt von Luxemburg liegt! Einen Umweg ist dieses Ristorante sicher wert. Nachmittags fuhren wir einige wenige Kilometer nach Verona und besichtigten noch diese sehenswerte Stadt, ehe es weiter Richtung Gardasee ging, zum Hotel Tenessi in Manerba del Garda. Die Firma Sales hatte uns hier nicht gerade in ein Luxushotel einquartiert, aber durch gesunde Gruppendynamik und ein nettes kleines Restaurant gegenüber wurde das Ganze kompensiert.
Freitags besichtigte dann ein Teil der Gruppe Sirmione, der andere Teil fuhr eine kleine Tour im Hinterland des Gardasees: über den Passo di Croce Domini (1892m) – und die Schotterstrecke vom Giogo di Bala (2176m) – zum Maniva Pass (1664m). Ein Erdrutsch hatte die Strecke unpassierbar gemacht und die Gruppe musste umdrehen. Beide Gruppen trafen sich am Nachmittag zum Eis-Essen am Idrosee und fuhren anschließend zusammen über die Cima di Pario und entlang des Lago di Valvestino mit seinen vielen schönen Kurven zurück zum Gardasee.
Samstags gings wieder Richtung Alpen, und zwar über den Passo Tre Termine an den wunderschönen Lago d’Iseo. Diesen fuhren wir entlang, über Darfo und Edolo nach Ponte di Legno. Dann kam noch ein von Alain ausgesuchter Leckerbissen: Der Passo di Gavia (2618m). Recht schwierige Straßenführung (für mich Anfänger), scheint dennoch ein Muss für jeden Tourenfahrer zu sein – maximale Steigung 16% und sehr schmal mit jedoch herrlichen Ausblicken. Oben ein Denkmal mit Adler fürs Familienfoto. Dann gings weiter über den Passo die Foscagno (2291m), der das Livigno-Tal mit dem Veltin verbindet, den Passo d’Eira (2208m) und die Forcola di Livigno (2315m) Richtung Schweiz. Auf der Passhöhe des Passo d’Eiro befindet sich die italienische Zollkontrolle. Livigno ist das Zentrum eines italienischen Zollausschlussgebietes. Natürlich haben auch wir vom Billigbenzin profitiert! Weiter gehts über den Berninapass (2328m), der das Val Livigno mit dem Engadin verbindet. An der Südseite ist dieser Pass kurvenreich und interessant. Dann folgt der kurvenreiche Julierpass (2284m) und der Albula-Pass (2315m). Hier ist die längere und landschaftlich schönere Seite natürlich die nördliche, nicht zuletzt wegen der atemberaubenden Streckenführung der Rhätischen Bahn. Dann erreichten wir nach einer kurzen Fahrt unser Tagesziel, das Sport-Hotel Scaletta in S-Chanf.
Sonntags um 9 Uhr Abfahrt Richtung Luxemburg, aber zuerst noch einige Kurven, und zwar über den Flüelapass (2383m). Die gesamte Passtrecke wirkt landschaftlich eher öde. Nach einiger Fahrt geht es dann auf die Autobahn und etwas später wirkt der Col du Bonhomme eher als willkommene Abwechslung. Nach dem Mittagessen auf der Passhöhe gehts weiter Richtung Luxemburg, wo wir gegen 18Uhr an der Grenze sind.
Alles in allem gelungene 10 Tage mit viel Abwechslung, neben Motorradfahren einem interessanten Rahmenprogramm und vielen interessanten Diskussionen. Als Neuling habe ich viel gelernt, fühlte mich aber auch schnell in die Gruppe integriert und schätzte die Rücksicht beim Fahren auf die „Neuen“! Ich glaube im Namen der ganzen Gruppe haben Alain und Jacques Anerkennung für die perfekte Organisation verdient und jeder der Teilnehmer will, wenn möglich, das nächste Mal wieder dabei sein!
Jean-Paul HEIM