Sandgrube, Kuschelwiese und „Ho-Chi-Minh-Pfad”.
Am 28. April trafen sich 10 hartgesottene Jungs und ein Mädchen und starteten gemeinsam mit Mini-Bus und SUV Richtung Hechlingen, mit dem Ziel, 2 tolle Motorradtage im BMW Enduro-Park zu verbringen. Um 14:00 Uhr ging es los, die 480 km Autobahn mussten abgespult werden. Nach 5 ½ Stunden und zirka 30 km Stau waren wir endlich im www.forellenhof-hechlingen.de , unserer Bleibe für die nächsten 2 Tage angekommen. Gut gelaunt und mit vollem Elan stürzten wir uns auf das kühle „Weißbier“, das sich wie das zünftige Abendmahl großer Beliebtheit erfreute. Schon gegen 22:00 Uhr lagen alle zwischen den Laken. Die zeitige und lange Nachtruhe sollte sich für die nächsten Tage als richtig bewähren.
Samstagmorgen nach einem kohlenhydratreichen Frühstück starteten wir zum nahegelegenen Enduro-Park. In den großen und geräumigen Umkleidekabinen konnten wir uns mit unseren Knie-Arm- und Rückenprotektoren, klobigen Enduro-Stiefel und sonstigen Sicherheits-Accessoires für den Kampf mit den Elementen (GS, Schotter, Erde, Sand usw ….) vorbereiten.
Nach einem kurzen Briefing über den Ablauf, sowie der Vorstellung unserer Instruktoren, wurden die Gruppen eingeteilt in Enduro-Einsteiger, Fortgeschrittene und Profis (diese Gruppe blieb leer). Nach Basiserklärungen betr. die vielen Knöpfe an der GS, sowie einigen Trockenübungen, wurden wir auf unsere Beweglichkeit auf den Motoren getestet. Kreis- und Slalomfahrten auf einem Bein mit einer Hand, seitlich sitzend, mit 2 Füssen auf dem Sitzt stehend, freihändig ... stopp, das jetzt nicht, letzteres war übertrieben!
Das Fahren auf losem Untergrund brachte Anfangs einige an ihre Grenzen. Diese verschwanden mit der Zeit und der Mut (manchmal auch der Übermut) zauberte ein kleines, aber sichtbares Lächeln für das Geschaffte auf die angestrengten Gesichter. Staubig war es an unserem ersten Tag nicht, denn es hatte die Woche über geregnet. Inzwischen spiegelten sich beim (wiederholten) Aufheben des Motorrades die ersten Schweißperlen auf so mancher Kämpferstirn. Bremsen mit und ohne ABS, nur Hinten, dann nur Vorne … zu mehr Vertrauen und Selbstsicherheit braucht es schon einige Zeit.
Danach ging es in die „Wildnis“, wo sich die Bodenbeschaffenheit nach fast jeder Kurve jäh änderte, Sand, feiner Schotter, grobes und kantiges Geröll, kleine Wasser-Durchfahrten usw. Wurden diese anfangs noch als Wüste, Steppe oder Stausee gefürchtet, suchten manche etwas später die tieferen „sumpfartigen Löcher“ auf und erfreute sich wie Kleinkinder über seitlich hochspritzende Wasser-Fontänen. Das Erlernte wurde sofort umgesetzt, auch das Aufheben des Motorrades…. Das alte Lied „deine Spuren im Sand“ wurde kurzerhand zu „deine Spuren im Wald“ um-getextet und diese Spuren waren nicht breiter als der 170er Hinterradreifen der GS, übersäht mit unzähligen Baumwurzelquerungen. Der Platz zwischen den Bäumen war kaum breiter als der GS-Lenker (ohne Spiegel). Wiederholtes Motorrad-Aufheben war angesagt. Die Walddurchfahrt bergauf, bergab, ein Kampf, … Sch…, dass es die ganze Woche über geregnet hatte, hatte ich ja bereits erwähnt, trotz Enduro-Bereifung war die Griffigkeit gleich Null. Auch auf der „Kuschelwiese“, die ihrem Namen wirklich alle Ehre macht, wurde es nicht besser. Tiefe Furchen, kreuz und quer, die Zylinder setzen fast am Boden auf, so dass sich hier quasi ein jeder hinlegte und das „Aufheben“ schon zum Volkssport wurde. Während der Pause standen wir vor dem großen Wand-Foto des Parks, auf dem die einzelnen Streckenteile Namen haben.
Wir hatten demnach noch nicht alle befahren, unter anderem auch den aus dem Vietnamkrieg bekannten, berühmt berüchtigten „Ho-Chi-Minh-Pfad” noch nicht; hierüber später mehr. Gegen Mittag war natürlich eine Stärkung angesagt die gemeinsam mit den Instruktoren im Forellenhof eingenommen wurde. Am Nachmittag kam die Sonne zum Vorschein und die Temperaturen in unseren Helmen stiegen auf gefühlte 30 Grad, so dass der Schweiß in unseren Endurostiefel zusammenlief. Nach einigen Übungen im bergauf fahren und rückwärts wieder runter oder bergauf fahren, kurz drehen und gleich wieder runter, wurde diese Übung dann auch in die bereits bekannte Schotterstrecke mit eingebaut. Gegen 17:00 Uhr ist der „Spuk“ für die einen gottseidank, für die anderen leider schon vorbei. Wir haben den ersten Tag im BMW-Enduro-Park überstanden.
Jetzt zum Hotel, Dusche, Voltaren oder andere Pasten und Aufputschmittel wie Weißbier usw. ….! Das Abendessen wurde zusammen mit dem ganzen Enduro-Team eeingenommen. Eine kleine Videopräsentation über Enduro-Reisen und andere Enduro-Parks rundeten den Abend ab. Nachdem jeder ein bisschen über seine (meistens) lustigen Erlebnisse des Tages erzählt hatte und die anderen damit amüsierte, endete ein erster anstrengender Tag.
Sonntagmorgen, 7:30 Uhr und alle standen am Büffet, bereit für (nein, nicht die Frühmesse) sondern den nächsten rauen Trainingstag im Enduro-Camp. Kein Klagen über Gelenk- Rücken- Schulter- Hand- usw.- Schmerzen „ein Indianer kennt keinen Schmerz“! Alle waren wieder höchstmotiviert und wollten unbedingt, ganz tapfer, nach dem Motto „Lerne leiden ohne zu Klagen“, weitermachen. Bevor wir unsere Motorräder wieder „genießen“ konnten, mussten wir Dehn- Stretch- und Gleichgewichts- Übungen über uns ergehen lassen, die wir natürlich alle mit Bravour meisterten. Auf Nachfrage des Instruktors, wo oder mit was noch jemand Probleme habe, wurde dies nochmal intensiver behandelt, alle anderen durften noch engeres Kreis- und Slalom- Fahren üben, um das nötige Feingefühl zu bekommen was alles mit so einer BMW-GS möglich ist. Die „Kuschelwiese“ hatte sich, dank Sonnenschein, zwischenzeitlich in eine fröhliche Spielwiese für ältere Kinder verwandelt und da der Instruktor merkte, dass wir nicht mehr allzu viel mit unseren Bikes zu „kämpfen“ hatten, baute er prompt noch ein paar zusätzliche Schwierigkeiten ein.
Steilere Auf- und Abfahrten, noch engere Kurven usw. und das Verlangen, doch endlich Bekanntschaft mit dem berühmten und gefürchteten „Ho-Chi-Minh-Pfad” zu machen steigerte sich. Vor dem Mittagessen macht uns Stefan, der „Chef-Instruktor“ himself noch eine kleine Vorführung, wie weit man mit der GS-Rallye fliegen, auf der Stelle drehen und auf dem Hinterrad weiterfahren kann, kaum zu glauben, was Mann und Maschine alles so kann. Nach dem gemeinsamen Mittagessen (wieder im Forellenhof), wurden erst mal die Maschinen vollgetankt. Danach ging es auf verschlungenen Wald- und Feldwegen rundum den Enduro-Park, Auf und Ab. Alles ganz legal in einem Naturschutzgebiet, bei uns in Luxemburg schier undenkbar. Auf den Feldwegen versuchten einige sich an „Drifts“ oder Tanzeinlagen, in der Fachsprache „Pirouetten“, was aber kaum gelang. Durch das flotte Fahren auf den staubigen Pisten zogen aber meterhohe Staubwolken über die angrenzenden Felder, einfach toll, echtes Rally Feeling.
Zurück im Park wurden unsere Rufe nach diesem verdammten „Ho-Chi-Minh-Pfad” dann doch endlich erhört und nachdem der Instruktor 3-mal nachgefragt hatte. ob wir das wirklich wollten, ging es dann richtig zur Sache. Mit vielen Spitzkehren, im Schotter, mal grob, mal fein, bergauf, bergab, zwischen engstehenden Bäumen hindurch, Wasserpassagen, Schlamm, Schutt, und alle erdenklichen Schwierigkeiten auf einmal erwies sich der „plat de résistance“ doch als richtig schwierig und trägt seinen Namen ganz zurecht. Ich hatte in Zwischenzeit meine GS-Adventure gegen die GS-Rallye des Instruktors getauscht und fühlte mich pudelwohl, war aber am Ende froh, den „Pfad“ mit der Rally unbehelligt überstanden zu haben.
Gegen 16:00 Uhr war dann Schluss, aber wir waren eh alle am Ende, also Duschen und die verdreckten Klamotten packen. Dann wurden noch alle mit einem Zertifikat und einem T-Shirt belohnt und um 17:00 rückten alle erschöpft aber zufrieden ab. Mit dem Wissen, dass unsere Motorräder mehr können als wir glauben und uns selbst zutrauen fuhren wir nach Hause. Es war ein faszinierendes, lehrreiches Wochenende, schade, dass der Park 480km entfernt ist, ansonsten würde man sicher öfter dort vorbeischauen können.
Nächster Termin: 20?? Bis dann.
Claude MÜLLER