Der Start der diesjährigen grossen 10-tägigen Sommer-Tour fand ausnahmsweise erst am frühen Nachmittag des letzten Juli-Tages, (Freitag, den 31.07.) statt. Geplant war nur eine „Halbtagesetappe“ von rund 400 Kilometern bis nach Chalon-sur-Saône und da wir eigentlich genügend Zeit hatten und auch nicht so recht den ganzen Nachmittag auf der Autobahn verbringen wollten, führte uns die Anfangsstrecke über französische Nationale’s und Départementale’s. Ab Toul, nach gut 100 km auf schönen, verkehrsarmen Landstrassen, cruisten wir dann zusammen mit, erstaunlicherweise viel weniger Blechkarossen als angenommen, gen Süden. Das Verkehrsaufkommen war derart schwach, sodass wir sogar viele Kilometer auf der rechten Spur flanieren konnten und so kam endlich mal wieder mein aufpreispflichtiges „cruise-control“ zum Einsatz. Kurz nach 18.00 Uhr erreichten wir, die Vorhut, (4 Leute auf 3 Bike’s) ganz relaxed das Tagesziel in Chalon und konnten uns gemütlich fürs Abendessen frisch machen. Gegen 22.00, es war schon dunkel und wir hatten das Abendessen auch schon verdrückt, traf dann endlich das noch fehlende, viel später (nach Dienstschluss) gestartete, Pärchen ein. Anlässlich der Unterbringung (Zimmerverteilung) der Nachzügler gab es dann leichte Differenzen, was erst zu Unruhen (Schlafstörung) und später zur allgemeinen Volksbelustigung führte.
Am Samstagmorgen war dann, ganz nach dem Motto, alle wollen an diesem Tag ans Meer und jeder will der erste sein, grosse Aufbruchstimmung, und obwohl wir, auf Drängen unseres Seniors, am Vorabend noch vereinbart hatten früher als gewohnt (und eigentlich üblich) zu starten, waren augenscheinlich alle anderen doch schon vor uns weg. Dies sollte sich etwas weiter südlich dann auch bestätigen und ein Gott sei Dank vorzeitig angekündigter, kilometerlanger Stau vor der Autobahnmautstelle in Villefranche, veranlasste uns dazu die A 6 rechtzeitig vorher zu verlassen und auf einer interessanten, verkehrsarmen, schön geschwungenen Strasse am Ufer der Saône, entlang schöner alter Bauten, Brücken, Herrenhäuser und Villen, Richtung Lyon zu kurven. Hinter Lyon mussten wir dann aber gezwungenermassen leider wieder auf die verstopfte „autoroute du soleil“, da wir auf einer Raststätte kurz vor Valence ein rendez-vous mit Ern vereinbart hatten, der hier ganz in der Nähe seinen Zweitwohnsitz hat und mit uns durch die südliche Ardêche sowie die Cevennen fahren wollte. Ein kilometerlanger, nahezu ununterbrochener Stau ab Lyon behinderte unser Weiterkommen erheblich und so erreichten wir unseren Treffpunkt viel später als geplant. Auf dem überfüllten Rastplatz hatte sich Ern, nach fast 2 Stunden Wartezeit, bereits die Beine in den Bauch gestanden und war froh als er uns endlich erblickte. Endlich war unsere Gruppe mit 7 Personen (5 Jungs & 2 Mädels) auf 5 Motorrädern komplett und wir verliessen fluchtartig erst die komplett verstopfte Raststätte und über die erste Ausfahrt dann endlich auch die total voll gestaute „autoroute du soleil“ und schlugen uns in die Ardêche durch. Am Abend erzählte der Nachrichtensprecher bei TF1 von einem „samedi noir sur le réseau autoroutier“ mit knapp 900 km Stau auf französischen Autobahnen; und wir waren voll dabei und wirk-lich mittendrin. Im Hotel „les Bruyères“ in Valleraugue, am Fusse des „Mont Aigoual“ hatten wir uns für 4 Tage oder besser gesagt 4 Nächte einquartiert.
Ab hier starteten dann, in Kleeblattform, drei interessante und abwechslungsreiche Touren durch die gesamte Umgebung. Natürlich wurde kaum einer der sehenswerten Punkte, Strecken, Täler, Koppen usw. in der südlichen Ardèche und den Cevennen ausgelassen und so standen nacheinander: Mont Aigoual, Gorges du Tarn, Cirque de Navacelles, Viaduc de Millau, Corniche des Cevennes, Gorges de la Jonte, Gorges de l’Ardèche und unzählige andere Sehenswürdigkeiten sowie atemberaubende Strecken und fantastische Aussichtspunkte auf dem Programm, einige Strecken sogar mehrmals.
Ein wahres Kurven-Eldorado erster Güte, kaum eine Gerade, nur Auf und Ab und Kurven aller Couleur ohne Ende und das Ganze bei allerbestem Sommerwetter (über 30 Grad). Schade nur dass die Strassenbauverwaltung mancherorts darauf bedacht war ihre alten Kiesreserven zu tilgen und diese Kilometerweise auf vielen kleinen Strässchen verteilte, wodurch Tagesetappen von über 350 km zu einer echten Herausforderung wurden, denn unser Vorankommen wurde, nicht nur durch die vielen kleinen schlechten (buckeligen) und sehr kurvenreiche Strecken, sondern auch durch die zahlreichen stark gekiesten Wege, erheblich gehemmt. Nichtsdestotrotz verursachten die ersten 4 bis 5 Tage intensive Kurvenfahrt und ständiges Bremsen und Beschleunigen auf dem griffigen Strassenbelag und bei den anhaltend hohen Temperaturen, für eine üble Art Gummischwund am hubraumstärksten Bike und so musste hier schnellstens Abhilfe geschaffen werden!
Am Mittwoch, kurz nach der Halbzeit, als wir sowieso von der südlichen in die nördliche Ardèche umzogen, musste die Strecke kurzfristig leicht umgeändert werden um einen „Pit-Stop“ zum Reifenwechsel in Valence ein zu legen. Beim Motorradzubehörhändler „CARDY“ (eine empfehlenswerte Adresse) waren die benötigten Metzler-Reifen auf Lager und innerhalb anderthalb Stunden auch schon montiert (und dazu auch noch billiger als zu Hause)! Nach dieser kleinen Zwangspause ging’s dann weiter nach Lamastre, wo uns Ern, der nur wenige hundert Meter entfernt seine Sommerresidenz hat, für 3 Nächte im Hotel „l’Escapade“ untergebracht hatte. Eine gute Adresse mitten in der Natur, mit schönem Schwimmbad, freundlichem Personal und einer hervorragenden Küche.
Ab hier führte uns Ern als ortskundiger Tourguide während zwei Tagen flott durch die nördliche Ardèche, wobei erneut alle wichtigen und schönen Strecken und Ziele wie der Gerbier de Jonc (Quelle der Loire), der Lac d’Issarlès (auf über 1000m), der Mont Mézenc, der Barrage de Naussac, Vals-les-Bains, Mézilhac, die Gorges de la Cance usw. angefahren wurden. Und erneut gab’s wieder Kurven bis zum Abwinken! Ein angekündigtes und längst überfälliges Gewitter (mit Blitz, Donner und Platzregen) kurz vor Mittag sorgte am Freitag endlich für Abkühlung und trieb uns früher als geplant wieder zurück in unser Hotel, wo wir uns dann einige weitere kulinarische Köst-lichkeiten der Chefin gut munden liessen. Als kurze Zeit später die Sonne wieder lachte und binnen kürzester Zeit die nassen Klamotten auch wieder getrocknet hatte, war bei uns allen allerdings die Luft raus und „dolce farniente” angesagt. Relaxen am Pool, fachsimpeln bei einem kühlen Drink, oder spazieren gehen war angesagt. Nach einer Woche intensiv Motorradurlaub mal ein Nachmittag „sans” konnten wir uns ruhig mal gönnen. Am Abend hatten dann Ern und Marie-Jeanne zum BBQ geladen und uns alle mit leckerem Grillfleisch, frischen . Salaten, kühlen Getränken und einem leckeren Eiskaffee verwöhnt. Danke Marie-Jeanne; Danke Ern, jetzt kennen wir eure Adresse und schauen sicher mal wieder vorbei, es war alles echt super.
Am Samstag war dann grosse Abfahrt angesagt, einer blieb in der Ardèche, einer fuhr Richtung Mont Ventoux, ein anderer direkt nach Hause, nur die 2 Pärchen fuhren die Tour wie geplant über Nebenstrecken weiter Richtung Norden.
Durch den Parc régional du Pilat und über unzählige Col’s an der Côte Lyonnaise westlich von Lyon hoch in die Bourgogne, wo wir an einigen prunkvollen Schlössern vorbei und durch die Weinberge hindurch erst nach 18.00 Uhr unser letztes Tagesziel in Chalon erreichten.
Auch am letzten Tag wurde die Autobahn grösstenteils vermieden und weiter ging es durch die Bourgogne hoch, entlang des gleichnamigen Kanal’s in die Côte-d’Or, eine interessante Gegend, vergleichbar mit unserem Müllerthal. Danach westlich von Dijon durch den Forêt de Pasques und den Val-Suzon, wo wir über längere Zeit fast ausschliesslich Radfahrern begegneten, weiter über Avot und Auberive Richtung Langres. Nach einem kleinen gebührenpflichtigen Abstecher auf die A 31 führte unsere Strecke über Neufchâteau nach Domremy-la-Ducelle, Geburtsort von Jeanne d’Arc, wo wir an der Basilique du Bois-Chenu eine Mittagspause einlegten um danach dann entlang der Meuse und durch den Parc régional de Lorraine, am Lac de Madine vorbei, Richtung Luxemburg zu kurven. Nach einem kleinen Maut-Stop am Bahnübergang zwischen Mars-la-Tour und Jarny (!!) fuh-ren wir dann kurz nach 17.00 Uhr in Esch/Alzette wieder ins Grossherzogtum ein.
Fazit: eine flotte, extrem kurvenreiche und warme 10-Tage-Tour für Sattelfeste (rund 4000 km), Sonnenliebhaber (über 30°) und Feinschmecker (= Diätpflicht) durch eine ursprüngliche, naturbelassene, rauhe Gegend in Süd-Frankreich (eigentlich optimales GS-Terrain).
Alain BURG